Kunstvermittlung
Ein Stück weiter in Richtung Eingang passieren wir eine Art gefächerte Zone, die wenig Einblicke zulässt. Dahinter befindet sich heute die Kunstvermittlung, die damals noch nicht angedacht war. Geplant war hier im ersten Entwurf noch eine Musikbibliothek als Nebenstelle der Stadtbücherei im benachbarten Kulturhaus. Heute ist die Pädagogik hoch angesiedelt; viele Kurse, Aktionen und Seminare für Schulen finden hier ihren angemessen Platz. Die Raumaufteilung war und ist flexibel genug, diese Angebote zu integrieren. Schon damals war die Planung clever, erläutert Frau Lefarth-Polland, denn es wurde von Anfang an in Leerrohre investiert und genügend Stromleitungen verbaut. Fazit: alles vorausschauend gedacht und deshalb auch heute wunderbar nutzbar.
Zum Abschluss der Führung will ich von Prof. Meyer, dem Planer von vor 30 Jahren, wissen, was denn aus heutiger Sicht das Besondere an „seinem“ Bau sei. Seine Antwort: „Dass die Wolfsburger überhaupt solch ein Museum haben, dass es angenommen und weiterentwickelt wird. Es hat unterdessen ein weltweites Renommee erlangt. Das Gebäude hilft dabei, seinen Inhalt nach außen zu tragen.“ Dem ist nichts hinzuzufügen, außer dass die aktuelle Ausstellung „Freischwimmen – Köpper in die Kunst!“ heißt und noch bis zum 28. September zu sehen ist … Wer sich die Architektur mitsamt ihrer Kunst einmal kostenlos ansehen möchte, kann dies an jedem letzten Mittwoch im Monat tun.
Glas, Stahl und Energieeffizienz
Beim Verlassen der gastlichen Stätte, des Cafés, gingen die beiden Hauptakteure auf die seit sechs Jahren fehlende Rampe ein. Sie war wegen der Rutschgefahr unfallträchtig und diverse Verordnungen machten einen Abriss nötig. Im gleichen Zuge wurde die Gastro nach unten erweitert und die Garderobensituation verändert. Statt einer Rampe verhilft heute ein Fahrstuhl in das 1. Geschoss.
Auf dem Weg um das Gebäude gönnten sich die Gäste der Führung einen ausgiebigen Blick vom Ende der Fußgängerzone auf den attraktiven Museumsbau. Es fällt die Vorliebe für Stahl und Glas auf, die diese ganz besondere Leichtigkeit des Kubus erzeugt. Das ausladende Glasdach, das über dem Gebäude in quadratischen Pyramiden gegliedert ist, behütet das Museum und weist optimistisch in den Himmel. Der Gedanke dabei war, sich mit der Kunst zur Stadt hin zu öffnen. Dies wird uns Teilnehmendem nach ein paar Schritten hinter dem Museum klar. Denn gen Süden, an der Rückseite des Hauses, schottet es sich mit strukturierten Metallplatten vollständig ab. Dahinter befinden sich die Verwaltung, das Depot und die Anlieferung, erfahren wir. Die Entscheidung, Metall zu verwenden, war eine gute, denn diese Platten sehen fast aus wie neu. Sie sind langlebig und durch ihre dahinterliegende Dämmung haben einen guten energetischen Standard.
Hinsichtlich Sicherheit und der konservatorischen Bedingungen ist das Museum in den letzten Jahren sehr gut aufgestellt worden, berichtete Frau Lefarth-Polland stolz. Die Standards von vor 30 Jahren waren überholt und sind angepasst worden – sie machen das Museum in Fachkreisen heute zu einem sehr anerkannten Haus.
Wir sind nun mit unserer Gruppe an der vierten Seite des Hauses angekommen, wo offene Blickachsen uns schon ankündigen, dass wir den mit Kies ausgelegten japanischen Garten von Nahem begutachten werden. Wir erfahren, dass Carl Hahn hier sehr gerne arbeitete. Der Japan-Garten oder zeitweise auch Steingarten mit dem Vorbild des Ryoanji-Tempelgartens in Kyoto wurde 2009 als Ruhezone in der Stadt ergänzt. Er ist zurzeit nicht zugänglich, dies soll in absehbarer Zukunft aber wieder möglich sein. Denn das Innenhofklima sei besonders im Sommer sehr angenehm, wenn man sich unter dem Betondach eine Pause gönne. Also Back to the Roots, die Ruhesuchenden wird es erfreuen.
Begegnungsort mit Konzept
Nach der theoretischen Einführung kam die Praxis. Im lebendigen Dialog präsentierte Prof. Meyer die damaligen Entwurfsideen samt Umsetzung, während Frau Lefarth-Polland die Realität und einige daraus resultierende Änderungen erläuterte. Los ging’s im Innenbereich: Die lichtdurchflutete Rotunde bildet nach wie vor den Eingangsbereich des Museums. Die Idee, den hellen offenen Raum als Begegnungsort anzulegen, funktioniert bis heute. Hier trifft man sich mit Freunden zum Museumsbesuch, sammelt sich in freudiger Erwartung des Kunstgenusses, akklimatisiert sich, legt Überflüssiges ab und schaut sich um. Von der gewendelten Treppe aus werden Begrüßungsreden gehalten. Vor 30 Jahren, erzählt die Leiterin der Abteilung Bildung, befand sich hinter dem Eingangsbereich der große Museumsshop. Heute lädt ein modern eingerichtetes Café zum Plausch über Kunst und die Welt ein. Ein kleinerer Shop zwischen Foyer und Café bietet Kunstaccessoires und aktuelle Kataloge.
Die im Grundriss in Quadraten geplante Ausstellungshalle ist flexibel mittels Wänden veränderbar – eine Empore hilft beim Überblick von oben und akzentuiert die Ausstellungsfläche, erläuterte Prof. Wilhelm Meyer. Genau deswegen bis heute zeitgemäß, ergänzte die Leiterin der Bildungsabteilung.
Die Entstehungsgeschichte
Extra aus Hamburg angereist war der zur Bauzeit zuständige Partner im Büro Schweger + Partner Prof. Wilhelm Meyer, um sich zusammen mit der Bildungsleiterin Ute Lefarth-Polland – im Amt seit 1995 – an die Anfänge des „Kulturbausteins“ zu erinnern.
Über 30 Gäste lauschten vor dem Gebäude einer ersten Einordnung der Entstehung und der örtlichen Lage des Museums: Ende der 1980er-Jahre schob der kunstinteressierte damalige VW-Vorstandsvorsitzende Carl H. Hahn die Idee einer Kunsthalle für die Bürger der Automobilstadt Wolfsburg an. Finanziert wurde der innovative Bau von der Stiftung eines vermögenden Ehepaars, den Hollers, deren Name nun der Platz trägt, auf dem das Kunstmuseum in 5-jähriger Bauzeit errichtet wurde.
Der dafür ausgeschriebene Wettbewerb umfasste einige Bedingungen: Die Fußgängerzone um das Kulturhaus des Architekten Alvar Aalto sollte aufgewertet werden, gleichzeitig war das städtebauliche Ziel, einen Bezug zum Theater am Klieversberg von Hans Scharoun herzustellen. Zudem, und das waren weitere Bedingungen des Wettbewerbs, sollte eine Rathauserweiterung sowie eine Tiefgarage mitgeplant werden.
In der Nähe








